Gewinner
Hans Peter Schaffner, Menziken stellvertretend für den Verein SwissEmys
Für die Nachzucht von Emys orbicularis orbicularis Haplotyp IIa
Die europäische Sumpfschildkröte galt in der Schweiz lange Zeit als ausgestorben. Erst anhand von genetischen Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass nebst zahlreichen leider ausgewilderten Exemplaren auch noch vereinzelt Tiere des Haplotyps IIa in der Schweiz leben. Dieser Typ gilt als ursprünglich in Mitteleuropa heimisch. Aufgrund dieser Erkenntnis wurde der Status der europäischen Sumpfschildkröte in der roten Liste von „ausgestorben“ auf „vom Aussterben bedroht“ geändert.
Hans Peter Schaffner züchtet gezielt diesen Haplotyp und hat auch Freilandversuche unternommen um zu belegen, dass die Tiere in der Schweiz in freier Wildbahn nicht nur Überlebens- sondern auch Fortpflanzungsfähig sind. Seine Nachzuchten werden im Rahmen kantonaler Projekte zur Wideransiedlung eingesetzt und gelangen nicht auf den Terraristikmarkt.
Der Entscheid der Jury basiert auf der Tatsache, dass sich das Zuchtprojekt von SwissEmys ausschliesslich der Erhaltung einer in unserem Land vom Aussterben bedrohten Reptilien Art widmet und dies ohne kommerziellen Hintergrund. Vor allem aber ist es ein sehr schönes Beispiel dafür, dass Terraristik, Forschung und Naturschutz eine konstruktive Einheit bilden können.
Zuchtbericht SwissEmys
Seit dem Jahre 2001 widmen sich Hans Peter Schaffner, Ruth Huber und Markus Kutzli systematisch der Erforschung und Nachzucht von Emys orbicularis, zuerst als Einzelpersonen, ab 2012 im Verein SwissEmys. Ziel war von Anfang an die Vermehrung von genetisch getesteten Tieren der einheimischen Unterart und dies ausschliesslich für offizielle Auswilderungsprojekte. Dies in Zusammenarbeit mit der karch (Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz).
In den 90er Jahren wurde von den massgeblichen Stellen in den Universitäten und im Naturschutz noch überwiegend bezweifelt, dass Emys orbicularis sich in der Schweiz wirklich regelmässig und nachhaltig fortpflanzen kann. Erst unsere Brutversuche im Freiland, die sich über mehrere Jahre erstreckten sowie die Erkenntnisse der Biologiestudenten Florence Nuoffer und Denis Mosimann, die sie an einer überraschend gut gedeihenden Population von Europäischen Sumpfschildkröten im Kanton Genf gewannen, führten zu einem Umdenken und schliesslich im Jahre 2005 zur Anpassung der «Roten Liste». Darin wurde Emys orbicularis nun als «vom Aussterben bedroht» und nicht mehr als «ausgestorben» aufgeführt.
Anfangs hatten wir von SwissEmys nur die Jungtiere aus den Brutversuchen. Als dann einige Jahre später das erste offizielle Auswilderungsprojekt im Kanton Genf bewilligt wurde, verfügten wir schon über einen Grundstock an Sumpfschildkröten verschiedener Altersstufen. Jetzt wurde die Zucht intensiviert. Bei der Erbrütung der Eier wurde ein Brutkonzept mit schwankenden Temperaturen entwickelt, um den Gegebenheiten in der Natur nahe zu kommen. Versuchsweise wurden auch die Temperaturen, die im Boden einer schweizerischen Endmoräne gemessen worden waren und die bei zahlreichen Emys-Eiern zu erfolgreichem Naturschlupf geführt hatten, als Modell für die elektronische Steuerung eines Brutapparates benutzt. Die Ergebnisse waren interessant. Es deutet einiges darauf hin, dass die so erbrüteten Jungen schneller wachsen und robuster sind als solche, die mit konstanter Temperatur/einmaliger Nachtabsenkung erbrütet wurden. Die Anzahl so gewonnener Schlüpflinge lässt aber noch keinen gesicherten Schluss zu.
Wir setzten immer auf ein möglichst natürliches Aufwachsen der Schlüpflinge. Nur im ersten Jahr nach dem Schlupf lebten sie in Kunststoffwannen mit künstlicher Beleuchtung (HQI Strahler). Schon den ersten Winter verbrachten alle in einer dreimonatigen Ruhephase im Kühlschrank bei 4°C. Im Sommer kamen sie ins Freie, in kleine, vollständig mit Wasserpflanzen besetzte, eingezäunte Teiche (Hornkraut, Wasserpest, Seekanne etc.). Nach unserer Erfahrung sind die Bedingungen in Freilandteichen mit starkem Pflanzenbewuchs, der grossen Auswahl an Zooplankton und dem direkten Sonnenlicht unter kontrollierten Bedingungen kaum zu kopieren. Trotz gelegentlicher Verluste durch natürliche Prädatoren wuchsen die Jungtiere in den Teichen wesentlich besser und schneller als in Wannen. Zugefüttert wird mit selbst hergestelltem Schildkrötenpudding, Frostfutter (Artemia, weisse Mückenlarven), Pellets und Fisch.
Das Thema der nächsten Jahre für SwissEmys war also Teichbau. Mehrere grosse Teichanlagen entstanden, zuerst in Menziken und Gempen. Ein grosser ehemaliger Fischteich im Baselbiet wurde für Emys orbicularis umgebaut, in der Sonnhalde Gempen entstand beim neuen Schulhaus eine grosszügige Teichanlage und die letzte wird in diesem Jahr durch unser neues Mitglied Roger Dietsche in der Ostschweiz realisiert. In diesen Teichen wuchsen über die Jahre zahlreiche Europäische Sumpfschildkröten heran. Bis jetzt stammen alle in den kantonalen Projekten von Genf und Neuchâtel (4-5jährig) ausgewilderten Tiere aus unserer Zucht.
Alle Mitglieder von SwissEmys arbeiten ehrenamtlich und bezahlten die meisten Ausgaben selber. Der Bau der benötigten Aufzuchtteiche und Infrastrukturen ist aber sehr teuer.
Zum Glück gelang es SwissEmys, namhafte finanzielle Beiträge bei den Projektkantonen, der SIGS (Schildkröteninteressengemeinschaft Schweiz) und bei Stiftungen zu gewinnen. Der Verband «Zoo Schweiz» hat uns ebenfalls grosszügig unterstützt. Jeder Beitrag ist hoch willkommen. Dennoch ist weiterhin das Engagement von begeisterten Schildkrötenfreunden nötig, um diesem Projekt der Wiederansiedlung der einzigen einheimischen Schweizer Schildkröte zum Erfolg zu verhelfen.
Wie alle Reptilien ist die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) in der Schweiz geschützt und das Fangen und Aussetzen ist verboten. Dennoch gibt es immer wieder illegale Aussetzungen von Sumpfschildkröten aus unterschiedlichen Herkunftsgebieten. Diese sind nicht an unser Klima angepasst und können die offiziellen Projekte gefährden.
www.swissemys.ch
Hans Peter Schaffner (Präsident)
Markus Kutzli (Kassier)
Ruth Huber
Ellie Grimbichler
Walter Schaffner
Hanspeter Gemperle
Roger Dietsche